Sagen und Flurnamen
Die Arbeitsgruppe Flurnamendeutung der Ostfriesischen Landschaft stellte 2017 in einer Ausstellung Beispiele von gedeuteten Flurnamen aus Sagen vor und zeigt damit, welchen „Schatz“ man in der Region mit mehr als 72.000 Flurnamen besitzt und was sich alles durch die Beschäftigung damit in Erfahrung bringen lässt.
Sagen und Flurnamen passen gut zueinander: Beide wurden früher mündlich überliefert, beide wurden zuerst im 19. Jahrhundert als Kulturschatz wahrgenommen und – wenn bei den Flurnamen auch nur in Ansätzen – zum ersten Mal schriftlich fixiert. Und manchmal treffen sagenhafte Orte und Flurnamen direkt aufeinander, dann werden Sagen oder sagenhafte Orte zum Teil eines Flurnamens.
Die Kenntnis der ostfriesischen Sagen verdanken wir vor allem Friedrich Sundermann im 19. und Wilhelmine Siefkes im 20. Jahrhundert. Historische Sagen, christlich motivierte Sagen von Schuld und Sühne, Sagen mit Teufeln, dämonischen Wesen und Hexen spiegeln eine Welt wider, in der eine feste Ordnung von Räubern, Mördern oder Spukerscheinungen gestört werden kann. Durch die Erkenntnis des Bösen und oft durch die damit verbundene Bestrafung wird die Ordnung wieder hergestellt.
Flurnamen in Sagen bezeichnen vielfach Örtlichkeiten wie „Fährhafen“, „Großer Platz“ oder „Sandmeer“, die mit unheimlichen Geschehen verbunden sind, die über den normalen menschlichen Erfahrungshorizont hinausgehen. Dann gibt es keinen eigentlichen Bezug des Flurnamens zum sagenhaften Ereignis. Andere Flurnamen wie „Frauenmeer“, „Biggenacker“ oder „Füürgloppen“ beziehen sich hingegen direkt auf das in einer Sage überlieferte Geschehen.
Der Flurname „Hünenschloot“ erinnert an einen für die Moorkolonisation wichtigen Entwässerungsgraben. Der Sage nach hat ein Hüne – ein Riese – diesen langen „Schloot“ gegraben. „Huin“ bedeutet auch „Sumpf“ oder „Dreck“ und verweist damit auf das noch unerschlossene Moorgebiet. Aber die ursprüngliche Bedeutung geriet im Laufe der Zeit in Vergessenheit. Die Bedeutung veränderte sich: Aus „hün“ = „Sumpf“ wurde „Hüne“ = „Riese“. Von da war es nur noch ein kleiner Schritt zu der Sage, nach der ein Riese diesen langen Graben angelegt hat.